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talkingvisual °;° Was Bilder sagen

Aktualisiert: 23. Jan.


Bei meinen Workshops habe ich erlebt, dass es immer auch im wörtlichen Sinne um visuelles Sprechen und Erzählen, um das sprechende Bild geht. Aber nicht nur um das, was gezeigt wird, sondern sehr viel um das Wie und Warum. Das ist eine sehr persönliche Herangehensweise, die das Fotografieren zum Medium für die eigene Wahrnehmung macht.

Nun ist es ja schon ein alter Hut, dass ein Bild mehr als tausend Worte sagt. Fotos stehen im Mittelpunkt der Mitteilungen in sozialen Medien, fast jeder macht welche und postet lieber Bilder als Texte. Auch das Selbstporträt hat wieder Hochkonjunktur, nennt sich heute ganz selbstverständlich Selfie. Gleichzeitig wird die Fototechnik immer besser, es ist für jeden, der sich ein bisschen darauf einlässt, recht einfach gute Fotos zu machen. Software und künstliche Intelligenz übernehmen Teile der Bildbearbeitung und -gestaltung. Wer weiß, vielleicht liefern Kameras in ein paar Jahren auf Knopfdruck nur noch ein Gesamtpaket an Daten, das nach Belieben am Computer gestaltet werden kann. Fokus, Tiefenschärfe, Belichtung und Bildelemente könnten dann nachträglich festgelegt werden. In Ansätzen gibt es das ja bereits.


Und trotzdem haben Fotos noch eine andere Qualität. Sie repräsentieren immer auch die Persönlichkeit desjenigen, der das Foto gemacht hat. Mal deutlicher, manchmal eher versteckt. Aber die Wahl des Motivs, des Ausschnitts, die Tonwerteinstellung in der Nachbearbeitung, Farbhervorhebungen, Montagen, all das sagt etwas über die Einstellung und Wahrnehmung des Fotografen aus. Das ist für mich eine eigene Erzählung in Fotos – unabhängig vom Motiv.

„talkingvisual“ meint, genau das bewusst zu machen. Nicht die Sicht nach Außen verbunden mit der Frage was anderen gefallen könnte, leitet die Motivsuche, sondern der Blick nach Innen. Was interessiert mich wirklich, warum fotografiere ich, was regt das Motiv in mir an? Das kann jeder für sich selbst herausfinden. Dazu braucht es Neugier, Konzentration und genaue Beobachtung.

Das Fotografieren in den Straßen fördert diese Form der Kreativität sowie die Beobachtung von Innen und Außen.

Durch die Konzentration auf das Gegenwärtige und das Ausblenden von Gedanken, kommt man seiner Umgebung näher, man nimmt genauer wahr. Beim Flanieren durch die Stadt wird man von unterschiedlichsten Dingen und Personen inspiriert und man trifft oft auf etwas, das einen aktuell auch beschäftigt. Manchmal findet man neue Perspektiven, einen neuen Blickwinkel, es fallen einem Dinge auf, die man vorher so nicht gesehen hat, auch wenn man schon x-Mal an der gleichen Stelle vorbeigelaufen ist. Das können sehr erhellende Momente sein und man wird sensibler für neue Sichtweisen.

So entstandene Fotos regen im Nachgang zur Selbstreflexion an. Man kann sich Fragen zu den eigenen Fotos stellen und wird merken, was einen beschäftigt hat. Warum sind meine Fotos heute von Linien dominiert? Wieso tauchen immer wieder starke Kontraste auf? Warum traue ich mich nicht näher an Menschen heran? Das eigene Befinden wird durch die äußeren Bilder – die gemachten Fotos – reflektiert und immer wieder tauchen kleine Aha-Erlebnisse auf. Oft sieht man auch plötzlich Details, die einem während des Fotografierens gar nicht bewusst aufgefallen sind – die das Bild aber erst komplett machen. Unsere Wahrnehmung kann bei voller Konzentration auf den Moment umfassender als der Sehsinn sein. Das erlebe ich immer wieder und auch mancher Workshop-Teilnehmer war überrascht, als er seine Fotos später betrachtete. Das Fotografieren als solches ist dann ein schöner Moment der Gegenwärtigkeit. Das entstresst den Kopf, bringt eine gewisse Ruhe und fördert den klaren Blick auf die Umgebung. Das Ergebnis ist eigentlich gar nicht mehr so wichtig – aber trotzdem meistens gelungen, denn die Fotos repräsentieren einen persönlichen Moment der Aufmerksamkeit.



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